Ballett Verletzungen betreffen häufig die Füße der Ballerina. Frei nach dem Motto: „Wer schön sein will, muss leiden“, hat jede Ästhetik auch ihren Preis. Als Balletttänzerin oder Balletttänzer nimmt man ein hohes Risiko von Fußverletzungen in Kauf.
Die vollendeten Bewegungen einer Balletttänzerin suchen in puncto Ästhetik und Anmut ihresgleichen. Doch hinter dieser wunderschönen Fassade existiert auch eine andere, eine schmerzhafte Welt. Das klassische Ballett ist ein Paradebeispiel für einen Hochleistungssport, der dem Körper eine sehr einseitige Belastung abverlangt, im Fall des Balletts vor allem eine Überbelastung des Fußes. Denn was dem faszinierten Zuschauer als eine Darbietung schwereloser Grazie erscheint, stellt hohe Anforderungen an den Körper und v.a. auch die Füße der Ballerina. Die vielen Schmerzen und häufigen Verletzungen der TänzerInnen bleiben im Verborgenen. Dabei haben sie tagtäglich mit diesen zu kämpfen haben und oft begleiten Schäden der Füße durch das Ballett sie Zeit ihres (Berufs-)Lebens.
Verletzungen im Ballet: Füße sind einer besonders hohen Verletzungsgefahr ausgesetzt
Dass besonders die Füße der Balletttänzerin von Verletzungen und Schmerzen betroffen ist, wird Sie sicher nicht überraschen. Vor allem der Zehenspitzentanz ruft beim Publikum oft großes Staunen über diese Leistung der Zehen hervor. Dabei sind es jedoch viele der Bewegungen der Balletttänzerinnen und Balletttänzer in Kombination, die Verletzungen hervorrufen. Sprunghafte, kraftvolle Übungen mit zum Teil extremen Dehnungen der einzelnen Gelenke und unter Einnahme von zum Teil unnatürlichen Stellungen fordern ihren Tribut.
Hinzukommt, dass die Balletttänzerinnen und –tänzer meist unter starkem Druck stehen, übermäßig schlank zu bleiben. Die daraus resultierende nährstoffarme Diät führt oftmals zu einer Schwächung des Knochen- und Muskelgewebes. Doch gerade starke Muskeln und Knochen benötigt die Ballerina, um ihre Performance glanzvoll zu meistern. Dieses Dilemma führt unweigerlich zu einer extremen Überbelastung des Körpers und darauffolgende gesundheitliche Probleme und Verletzungen.
Im Folgenden möchten wir Ihnen die gängigsten Fußverletzungen beim Ballett kurz erläutern und bieten Tänzerinnen und Tänzern eine erste Orientierung, wenn Fußschmerzen auftauchen.
Achillessehnenentzündung oder Achillessehnenriss
Die lange Sehne auf der Rückseite des Beines, die Achillessehne, wird bei ständig wiederkehrenden und Kraft kostenden Bewegungen sehr stark belastet. Die ständige übermäßige Belastung der Achillessehne beim Ballett kann schließlich dazu führen, dass sie sich entzündet, verklebt und einen nagenden Schmerzen in der Ferse und am Unterschenkel verursacht. Viele Balletttänzerinnen und –tänzer tanzen trotz der Achillessehnenentzündung gegen den Schmerz an weil sie beruflich dazu gezwungen sind.
Dies kann dazu führen, dass die Sehne reißt. Der Schmerz, der in dem Moment des Achillessehnenriss auftritt, wird typischerweise als ein Gefühl beschrieben, als würde man einen heftigen Tritt in die Wade erhalten. Viele Betroffene, die einen Achillessehnenriss erleben mussten, erwähnen außerdem, das ein Geräusch wie Peitschenschlag zu vernehmen ist.
Fersensporn (sog. Plantarfasziitis)
Das klassische Ballett erfordert eine hohe Präzision der Bewegungen. Folglich ist die ständige Wiederholung bestimmter Übungen Teil des Alltags der Balletttänzerinnen und –tänzer. Dies kann u.a. dazu führen, dass die Sehne an der Fußsohle, die die Ferse mit den Zehen verbindet, überlastet wird. Die Folge ist die sogenannte Plantarfasziitis, die einen starken Schmerz verursacht, der typischerweise morgens nach dem Auftstehen am stärksten ist und sich gegen Abend etwas legt.
Eine frühzeitige Diagnose des Fersensporn ist besonders wichtig, um eine eventuell auch in Frage kommende Nervenerkrankung auszuschließen.
Verstauchung des Fußes
Die Aussage des Arztes „Nichts kaputt, nur eine Verstauchung“, spendet einer verletzen Balletttänzerin wenig Trost. Denn eine Verstauchung ist oft sehr schmerzhaft und der Schmerz hält an bis die Heilung beendet ist.
Balletttänzerinnen und Balletttänzer sind typische Opfer der Bewegungsmuster des Tanzes, der aufgrund der schnellen Richtungswechsel, Drehungen und Wendungen, Sprünge und Landungen, rasch zu einer Verstauchung des Fußes führen kann. Diese kann zwar fast immer konservativ behandelt werden, doch für professionelle Ballerinas ist eine Verstauchung dennoch eine schlechte Nachricht obwohl kein dauerhafter Schaden entsteht: Denn Tänzerinnen und Tänzer müssen den Anweisungen des Arztes folgen, bis die Verstauchung verheilt ist. Tanzen ist in der Regel tabu. Und die Heilung einer Verstauchung kann sehr lange dauern.
Marschfraktur: Stressfrakturen am Fuß
Eine ständige und immer wiederkehrende monotone Belastung des Fußes und des Beines kann auch einen Spannungsbruch bzw. eine sogenannte Stressfraktur verursachen. Am Fuß ist eine solche Stressfraktur auch als „Marschfraktur“ bekannt. Es handelt sich hierbei meist um einen in der Röntgenuntersuchung nachweisbaren feinen Knochenbruch. Die Schmerzintensität ist völlig individuell, sie reicht in der Schmerzstufe von leicht bis intensiv. Marschfrakturen können manchmal richtig unerbittlich sein und starke Schmerzen hervorrufen.
Dabei ist das Auftreten einer Stressfraktur in den nördlichen Klimazonen häufiger anzutreffen. Die unzureichende Sonneneinstrahlung führt hier häufiger zu einem Vitamin-D-Mangel, welcher wiederum geschwächte Knochen verursachen kann.
Im klassischen Ballett aber auch in anderen Formen zeitgenössischer und traditioneller Tänze sowie Sportarten wie der Leichtathletik sind Stressfrakturen am Fuß oder Unterschenkel besonders häufige Verletzung bei Tänzerinnen und Sportlerinnen, die häufig rennen oder springen.
Tänzerfraktur
Bei dieser Verletzung sieht der Arzt in der Röntgenuntersuchung eine Knochen-Unterbrechung des langen Knochens an der Außenseite des Fußes. Diese Verletzung ist auch als „Tänzerbruch“ oder „dancer’s foot“ bekannt. Typischerweise tritt der Bruch auf, nachdem der Tänzer einen Sprung ausgeführt hat. Der Schmerz meldet sich schlagartig und die Tänzerin oder der Tänzer ist sofort außer Gefecht gesetzt.
Tänzer Ferse (Dancer’s Heel): Was es mit der Beule an der Ferse auf sich hat
Wenn das Sprunggelenk der Balletttänzerin oder des Balletttänzers schmerzbedingt keine Last mehr aufnehmen kann und sich kleine Risse der Sehne bilden, entwickelt sich typischerweise hinten an der Ferse eine Beule. Der hinzukommende Schmerz verhindert dann in der Regel, dass bestimmte Bewegungen ausgeführt werden können.
In der Fachsprache wird dies als posteriores Impingement-Syndrom bezeichnet, da es das hintere Ende des Sprunggelenkes betrifft. Das anteriore Impingement-Syndrom betrifft den vorderen Anteil des Sprunggelenkes und kann von intensiven Wiederholungen bestimmter Übungen herrühren.
Hammerzehe
Auch beim Ballett besteht aufgrund der ständigen Fehlausrichtungen des Fußes das Risiko, dass sich eine Hammerzehe ausbildet. Diese wird so genannt, weil sie angeblich an die Form eines Hammerkopfes erinnert. Wird die Hammerzehe nicht behandelt, kann es dazu kommen, dass sich die Zehe in dieser Position fixiert. Auf diese Weise entsteht beim Tragen von Schuhen, insbesondere den schmalen Ballettschuhen, eine schmerzhafte Reibung, die das Tanzen erschweren kann.
Eingewachsener Zehennagel
Auch der eingewachsene Zehennagel gehört in diese Kategorie der kleinen Verletzungen mit großer Wirkung. Obwohl er sich relativ harmlos anhört, ist ein eingewachsener Zehennagel schmerzhaft genug, um jemanden tanzunfähig zu machen.
Das Problem ist dabei häufig selbst verursacht: die Haut wächst auf den Zehennagel zu weil dieser bei der Kürzung nicht grade und quer geschnitten wurde. Unbehandelt kann ein eingewachsener Zehennagel außerdem zu einer Infektion führen. Eine rasche Zehennagel-Korrektur ist daher empfehlenswert.
Neurom (Nervengeschwulst)
Schmerzen im vorderen Bereich des Fußes, teilweise begleitet von einem Taubheitsgefühl in den Zehen, können auf ein Neurom hinweisen. Bei einem Neurom werden ein oder mehrere Nerven eingeklemmt, brennende Schmerzen und Entzündungen folgen. Bei der Behandlung eines Neuroms sind die Ballerinas vorläufig nicht arbeitsfähig, eine Behandlung der Nervengeschwulst sollte jedoch nicht hinausgezögert werden, denn unbehandelt können sich die Schmerzen verstärken und zu schwerwiegenderen Problemen führen.
Sesamoiditis (sog. Turf Toe Verletzung)
Schmerzen unter dem großen Zeh, insbesondere beim barfuß gehen, können auf eine Sesamoiditis hinweisen. Typischerweise wird der Schmerz folgendermaßen beschrieben: „Es fühlt sich an, als würde ich auf einem Kieselstein gehen.“ Vor allem Menschen mit Hohlfüßen neigen zu einem sogenannten Turf Toe, weil deren Füße nicht ausreichend Druck von oben abfangen.
Die gute Nachricht bei einer Sesamoiditis ist: Sie ist zwar schmerzhaft, kann aber in der Regel ohne Operation therapiert werden, mit den richtigen Einlagen, evtl. Krankengymnastik und anderen konservativen Methoden.
Eine Sesamoiditis wird typischerweise durch High Energy- und High Impact-Tanzstile hervorgerufen (wie zum Beispiel auch Hip Hop), es entstehen hier Überbelastungen der Knochen und Sehnen, die unter dem großen Zeh verlaufen.
Metatarsalgie
Auch eine Metatarsalgie ist eine Erkrankung, von denen Ballettänzerinnen und –tänzer häufig betroffen sind, aber auch Profisportler anderer Sportarten mit hoher Bein- und Fuß-Belastung. Die Metatarsalgie zeichnet sich durch Schmerzen an den Zehenballen aus, die nach den fünf Mittelfußknochen benannt ist. Auch im Ballett muss der vordere Fuß-Ballen die Hauptlast der Abstoßphase einer Bewegung auffangen, was zu einer Überbelastung des Fußes in diesem Bereich insbesondere durch die vielen Sprungbewegungen führt. Die Behandlung einer Metatarsalgie ist in der Regel nicht chirurgisch, hier erfahren Sie auch mehr zur Metatarsalgie.
Fazit: Beim Ballett sind Verletzungen der Füße eher die Regel als die Ausnahme
Balletttänzerinnen und -tänzer zahlen den Preis für Ihre leichtfüßigen und grazilen Bewegungen nicht selten mit Fußverletzungen, die durch die ständige Überbelastung der Füße beim Ballett entstehen.
Diese können nicht gänzlich vermieden werden, sie gehören zur Profession genauso wie die strengen Ernährungsregeln. Daher sollten alle Tänzerinnen und Tänzer sich frühzeitig um eine professionelle medizinische Behandlung kümmern. Die Schädigung der Füße beim Ballett können möglichst gering gehalten werden, wenn sie von einem professionellen Netzwerk bestehend aus Fußchirurgen, Physiotherapeuten und Podologen dauerhaft begleitet werden.
Ich hoffe, der Artikel war für Sie informativ und wünsche Ihnen weiterhin leichten Schritt auf gesundem Fuß!
Ihr Adem Erdogan
Über den Autoren:
Adem Erdogan ist einer der führenden Fußchirurgen Deutschlands. Seine umfassenden Erfahrungen sowohl im diagnostischen als auch operativen Bereich ermöglichen ihm eine individuelle Vorgehensweise für jeden Patienten und jede Patientin. In seiner Facharztpraxis in Düsseldorf behandelt er Fußdeformitäten- und Fehlentwicklungen.
Lesen Sie hier, wie andere Patienten den Fußspezialisten Adem Erdogan auf www.jameda.de beurteilt haben.